Samstag, 24. Januar 2009
 
Regierung will Österreichs guten Ruf retten PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Ralf Leonhard   
Freitag, 2. Mai 2008

Das Amstettner Inzest- und Familiendrama um den pensionierten Elektroingenieur Josef Fritzl hat jetzt auch die Politik auf den Plan gerufen. Nach anfänglichen Betroffenheitsäußerungen und dem Ruf nach einer gerechten Strafe, sorgen sich die Regierungsmitglieder zunehmend um Österreichs Ruf in der Welt.


Bundeskanzler und SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer zog bei seiner traditionellen Ansprache nach dem Maiaufmarsch die Patriotismuskarte: "Wir lassen nicht zu, dass ganz Österreich, dass unsere gesamte Bevölkerung von einem kriminellen, grausamen Einzeltäter in Geiselhaft genommen wird". Zu tosendem Applaus der versammelten Genossen versprach er: "Wir werden das Ansehen unseres Landes verteidigen, liebe Freunde".

Tatsächlich plant die Regierung eine Imagekampagne, damit die Touristen nicht hinter jedem Sängerknaben einen zukünftigen Blutschänder und unter jeder Almhütte einen Privatkerker vermuten. Das Konzept soll unter der Federführung von Außenministerin Ursula Plassnik mit den Botschaften in aller Welt entwickelt werden.
In Amstetten bleiben die Behörden indessen bei der Versicherung, es seien im Umgang mit der Familie Fritzl keine Pannen passiert. Man habe auch im Ausland nach der 1984 verschwundenen Elisabeth gefahndet und die Jugendwohlfahrt habe beim Auftauchen ihrer Kinder auf der Schwelle des Elternhauses jedes Mal korrekt gehandelt. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand hätte man aber sicher keine Kinder in der Obhut des Gewalttäters Josef Fritzl belassen, meinte Bezirksvorsteher Hans-Heinz Lenze, der gegenüber der Presse derzeit die einzig befugte Auskunftsperson ist.

Während die Rechtsparteien FPÖ und BZÖ im Einklang mit Innenminister Günther Platter, ÖVP, nach höheren Strafen für Sexualdelikte rufen, versucht Justizministerin Maria Berger, SPÖ, populistischen Schnellschüssen zu widerstehen: "Die Strafrahmen gehen hier bis zu 15, 20 Jahre, bei Todesfolge bis zu lebenslang. Mehr als lebenslang ist nicht denkbar". Vielmehr müsse der Opferschutz verbessert werden.

Im Haus und Verlies in der Ybbsstraße von Amstetten, wo Elisabeth Fritzl 24 Jahre eingesperrt war und sieben von ihrem Vater gezeugte Kinder zur Welt brachte, wird weiterhin jeder Gegenstand kriminalistisch untersucht. Auf die Frage, wie der Verdächtige eine 300 Kilogramm schwere Stahlbetontür allein montiert haben kann, gibt es eine plausible Antwort: er habe zwei Blechtüren selbst mit Beton gefüllt. Während seiner Urlaube in Thailand konnten sich die Eingesperrten dank gefüllter Speisekammer und Tiefkühltruhe ernähren. Fritzl behauptet auch, er hätte den Eingang des Verlieses mit einem Mechanismus versehen, der im Falle seiner dauernden Abwesenheit die Flucht ermöglich hätte. Geprüft wird auch die Version, dass in diesem Fall Giftgas in den Bunker geströmt wäre.

Die Polizei geht aber auch dem jetzt geäußerten Verdacht nach, wonach Fritzl mit einem ungeklärten Sexualmord im Jahre 1986 zu tun haben könnte. Er betrieb damals am Mondsee in Oberösterreich einen Campingplatz, als die 17jährige Martina Posch in unmittelbarer Nähe missbraucht und ermordet wurde.

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